Thursday, November 30, 2006
Geistbereicherndes (zur Weihnachtszeit)
Und wir von Punsch- zu Punschstandl taumeln.
Wenn die Tage bei Keksen und Kerzenschein enden,
Und wir für Geschenke das Auto verpfänden.
Wenn die Strassen erklingen von kindlichem Lachen,
Und Strickhändler beste Geschäfte machen.
Wenn das Gute im Menschen die Habsucht verscheucht,
Das einsame Herz uns die Leber verseucht.
Und man im Advent,
Sein Spiegelbild
Nicht mehr erkennt.
Dann nachtet's wieder weih.
[Oft schon ab Mai!]
Wednesday, November 22, 2006
Vom Heben von Zitatenschätzen
Darüberhinaus muss der Student sämtliche Gedanken, die angeblich nicht seine eigenen sind in Form von Zitaten ausdrücken - eine Unverschämtheit, denn was kann ich dafür, dass jemand namens Fisher einige Jahrzehnte vor meiner Zeit zufällig auch schon darauf gekommen ist, dass bei vollständig funktionierenden Kapitalmärkten Investitionsentscheide unabhängig von den subjektiven Konsumwünschen getroffen werden und ich nur deshalb in meiner Arbeit nicht mehr von der "Gattringer-Separation" sprechen darf ohne ein Disziplinarverfahren zu riskieren. Es ist nicht meine Schuld, dass dieser Fisher mit seinen mathematischenTaschenspielertricks zu den gleichen Ergebnissen gekommen ist, wie ich mit meinem brillianten Hirn und einem Buch über Finanzmathematik. Besonders ärgerlich ist dieses Verbot in "weichen" Fächern wie Philosophie, bei denen es ohnehin nur darum geht, dem Dozenten zu beweisen, dass man zu genial für seine armselige Themenstellung ist.
Die zweite grosse Gruppe von Zitaten tummelt sich auf den letzten Seiten heimischer Printmedien. Es handelt sich um besonders kluge, aber wissenschaftlich irrelevante Aussprüche von Leuten, die wir heute gemeinhin für besonders klug, aber irrelevant halten. Besonders hoch ist ihre Dichte in den Wochenendbeilagen, denn am Wochenende bedürfen wir nach dem Credo der Printmedienschaffenden speziell vieler weiser Worte von Claudius Gothicus ("Hebe nie beide Füsse gegen deinen Feind oder du fällst um.") bis Puff Daddy ("Yo!"). In seltenen Fällen ziehen die Redakteure, die aufs interne Abstellgleis des "Verantwortlichen für die Bunte Seite" gerollt wurden, die unterste Schublade des Zitatenschatzes und lassen Konfuzius aus seiner Gruft, denn alles, was ein Chinese gesagt hat, muss nun wirklich etwas besonders kluges sein. Überhaupt sind uns diese Chinesen über, jedenfalls die, die sich in meiner Fantasie herumtreiben. Auf den bitteren Boden der Realität holte mich erst eine Gruppenarbeit zurück, bei der der mir zugeteilte Gelbling kläglich versagte. Dabei trug er sogar ein Brille, kruzifix! Konfuzius sagt dazu: "Es ist kein Zeichen von Schwäche, von einer Strassenbahn überrollt zu werden."
Wichtiger als ihr Inhalt, ist aber die Gesamtzahl der abgedruckten Zitate. Sie gibt Auskunft über die wirtschaftliche Situation des jeweiligen Blattes, denn Zitate sind nichts anderes als Füllstoff für nicht verkaufte Anzeigenvolumen. Je geistreicher die Aussprüche, desto maroder die Zeitung (sog. "Gattringer-Separation"). Insofern dürften die Gemeindenachrichten von Walding im oberösterreichischen Mühlviertel der Welt defizitärstes Blatt sein, denn sie bestehen praktisch nur aus Zitaten. Selbst die Artikel bestehen aus Zitaten, denn, wenn unserem Bürgermeister schon die Worte fehlen, findet sie vielleicht Pablo Neruda.
Anstelle eines vernünftigen Abschlusses:
"Der Fluch des regen Geistes ist es, sich in Trivialitäten zu ergehen und durch das Verfassen unspektakulärer Blogeinträge eigene wie fremde Zeit nutzlos zu vergeuden."
Thursday, November 09, 2006
Nach Art des Mundes
es zaht si
i soit ozahn
mi zahts ned
wiads mi zahn?
s wiad si zagn
Aus: Walter Gatterer nervt sein Studium, Opus X - Grosses Lamento.