Tuesday, June 30, 2009

Halbjahresbilanz

Ich habe neun Monate mit des Kontinents größtem Schmutzfink als Mitbewohner hinter mir. Zu diesem Schluss komme ich, nachdem ich etwa eine halbe Stunde ein kleines Schränkchen geputzt habe, das ich aus seinem Zimmer in das meine zu überführen gedenke und der Fetzen noch immer bei jedem Wischen über die Spanplatte schwarz wird. Ich fühle mich ein wenig wie ein moderner Sisyphos. Immerhin ist der besagte Mitbewohner jetzt ausgezogen. Mit ihm sind auch meine Teller ausgezogen; es hat sie wohl nichts mehr bei mir gehalten.

Auch mich hält es nicht mehr wirklich bei mir. Als Kind wollte ich Dinosaurierforscher werden, aber bisher habe ich nur den Posten eines Hilfserstellers langer Präsentationen erlangt. Immerhin hat sich der Verkauf meiner Träume finanziell bezahlt gemacht, zumindest nach österreichischen Maßstäben. Jedes Monat kann ich mir ein weiteres leisten. Überhaupt geht mir das Land auf den Geist. Das ist bitter, aber ich habe meine rumänische Rapmusik, um mir ein Flair Exotik und Zigeunerbaron in mein frisch geputztes Zimmer zu holen. Zusätzlich zu dem frisch geputzten Schränkchen.

Vielleicht sollte ich so intime Geheimnisse nicht im Internet preisgeben. Immerhin, so der Tenor der auf mich aus den Medien einstürzenden Umwelt, kann das alles später einmal gegen mich verwendet werden. Man stelle sich vor: Walter Gatterer (Künstlername), vom Hilfsersteller langer Präsentationen zum internationalen Sexsymbol aufgestiegen stolpert über einen jahrzehntealten Eintrag in seinem Internet-Tagebuch, in dem er sich selbst des Diebstahls einen Schränkchens bezichtigt. Doch halt! Der Transfer eines Schränkchens von einem Zimmer eines Studentenheims ins nächste ist kein Diebstahl. Deshalb möchte ich hiermit festhalten: Ich werde das Schränkchen bei meinem baldigen Auszug mitgehen lassen. Freiwillig. Ähnlich wie der Schmutzgeier meine Teller.

Der Schmutzgeier. Diese Figur habe ich einem alten Disney-Comic entnommen. Ähnlich wie das Schränkchen bald dem Heim. Ich denke nicht, dass mir dies als Urheberrechtsverletzung zur Last gelegt werden kann. Und wenn doch macht es auch keinen Unterschied mehr. Schon jetzt lastet das Gewicht der ganzen Welt auf meinen Schultern.

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